Vorhaltefinanzierung muss bedarfsgerechte Strukturen fördern

Erstellt von:AKG Geschäftsstelle
Erstellt am:03.05.2023
Aktualisiert am:11.05.2023, 16:45

▶️ Vorhaltefinanzierung darf kein Umverteilungssystem werden, sondern muss als Treiber zur Sicherung der Daseinsvorsorge dienen

▶️ Ausnahmen und Pauschalierungen führen zur Konservierung der bestehenden Strukturen und gefährden Versorgung

▶️ Notfallversorgung wurde durch Versorgungsstufen gestärkt

Angesichts der dramatischen wirtschaftlichen Situation der Krankenhäuser gefährdet jede Verzögerung auf dem Weg zu zukunftsfähigen Krankenhausstrukturen die Versorgung. Die Vorhaltefinanzierung ist das Herzstück der großen Krankenhausreform unter Gesundheitsminister Lauterbach. Sie verbindet die Krankenhausplanung der Länder mit der Verantwortung des Bundes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser.

Die AKG-Kliniken fordern deshalb alle Akteure in Bund und Ländern dazu auf, die Reformpläne stärker aus der Perspektive einer nachhaltigen und tragfähigen Finanzierung der Daseinsvorsorge voranzutreiben.

 

Vorhaltefinanzierung ist Herzstück der Reform

Während bei den Themenfeldern Versorgungslevel und Leistungsgruppen Ausnahmen und Kompromisse zur Einigung mit den Bundesländern denkbar sind, braucht eine nachhaltige und tragfähige Vorhaltefinanzierung bundeseinheitliche Kriterien und Messgrößen. Dr. Matthias Bracht, Vorstandsvorsitzender der Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser e.V. (AKG-Kliniken) betont deshalb: „Die Einführung der Vorhaltefinanzierung ist eine riesige Chance für eine bessere Versorgung. Fehlt ihr jedoch die Differenzierung und bundesweite Verbindlichkeit, wird die Versorgungssicherheit gefährdet. Dies hat uns die undifferenzierte Zahlung von Coronaausgleichen gelehrt.“

 

Daseinsvorsorge muss gestärkt werden

„Eine Vorhaltefinanzierung muss den Charakter der Krankenhausversorgung als Teil der Daseinsvorsorge stärken, indem die wirklich notwendige Infrastruktur auch unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme tragfähig finanziert wird“, erklärt Nils Dehne, Geschäftsführer der AKG-Kliniken die Ausrichtung der kommunalen Großkrankenhäuser in der aktuellen Debatte. Voraussetzung dafür ist, dass die notwendigen Strukturen klar identifizierbar sind und kontinuierlich den Anforderungen entsprechend weiterentwickelt werden.

Angesichts der begrenzten Mittel der Krankenkassen und des Wunsches nach stabilen Beitragssätzen für die gesetzliche Krankenversicherung muss die Vorhaltefinanzierung insbesondere auf die Bereiche der Notfall- und Intensivversorgung ausgerichtet werden. Leider werden diese Bereiche in den Leistungsgruppen-Konzepten bisher nicht adäquat berücksichtigt. Eine vereinfachte Herleitung der Vorhaltefinanzierung führt dadurch zu einer Schwächung der Daseinsvorsorge. Eine Berücksichtigung der spezifischen Struktur und des tatsächlichen Leistungsspektrums eines Standortes ist unerlässlich. Mit Versorgungsstufen und zugeordneten Leistungsgruppen kann die Vorhaltefinanzierung nach Versorgungsbedarf und –möglichkeit differenzieren und damit nicht bedarfsnotwendige Leistungsausweitungen und „Rosinenpicken“ verhindern.

Gerade bei einer geringen Anzahl an Leistungsgruppen, wie im NRW-Modell praktiziert, wird diese notwendige Differenzierung nicht erreicht.

 

AKG-Punktesystem

Um starre Grenzen und eindimensionale Verknüpfungen von Versorgungsleveln und Leistungsgruppen zu vermeiden, setzen die AKG-Kliniken auf ein Scoringsystem für vorhalterelevante Strukturanforderungen. Nach dieser Logik wird jedem Krankenhausstandort auf Basis seiner Ausstattung eine „Strukturpunktezahl“ zugewiesen, die zur Berechnung seines Vorhaltebudgets herangezogen wird. Auf diese Weise wird ein stufenloser Übergang sowie eine anreizgerechte Ausschöpfung des Vorhaltebudgets auf Basis klar definierter Anforderungen - die dem Charakter der Daseinsvorsorge in besonderem Maße gerecht werden - sichergestellt. Gleichzeitig greift der Bund mit dieser Logik nicht mehr als notwendig in die Planungskompetenzen der Bundesländer ein und kann bundeslandspezifische Ergänzungen zulassen, ohne dass zusätzliche Budgetrisiken entstehen.

 

Notfallreform mitdenken

Aufgrund der großen Bedeutung der Notfallversorgung für die Vorhaltefinanzierung ist eine Notfallreform zwingend mit der Krankenhausreform gemeinsam zu denken und zu realisieren. Im Bereich der Notfallversorgung sind verschiedene Versorgungsstufen bereits seit vielen Jahren etabliert. Mit den entsprechenden Zuschlägen wird versucht, den unterschiedlichen strukturellen Voraussetzungen im Sinne einer Vorhaltefinanzierung Rechnung zu tragen. In diesem Bereich würde ein populationsorientiertes Budget in organisatorischer Verantwortung der jeweils vereinbarten INZ-Leitung den notwendigen Gestaltungsspielrum für regionale Besonderheiten schaffen. Aus diesem Budget wären sämtliche Notfallleistungen sowohl im INZ als auch in der Notaufnahme des Krankenhauses zu finanzieren. Voraussetzung sind auch hier einheitliche Standards für die Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit im Sinne einer umfangreichen Vorhaltung für die Daseinsvorsorge.

 

AKG-Podcast: Krankenhausreform aus medizinischer Sicht

 

Auch in unserer aktuellen Podcast-Folge "Krankenhausreform aus medizinischer Sicht" sprechen wir über die Definition und Strukturanforderungen zu Versorgungsleveln und Leistungsgruppen. Alle bisher erschienenen Podcast-Folgen finden Sie hier.