Reifegrad: Ungeschminkter Blick in den digitalen Spiegel
▶️ Reifegraderhebung zeigt: Digitalisierungsgrad bei kommunalen Großkrankenhäusern noch nicht ausreichend
▶️ Dauerhafte Investitionen statt einmaliges Konjunkturpaket notwendig
▶️ Digitalisierung sichert die zukunftsfähige kommunale Gesundheitsversorgung
Wenn das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in den nächsten Tagen den Auftrag für die Modellentwicklung zur Erhebung des digitalen Reifegrades in den deutschen Krankenhäusern vergibt, sind die großen kommunalen Krankenhäuser der Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser (AKG-Kliniken e.V.) bereits einen Schritt weiter. Noch vor der Corona-Pandemie haben die AKG-Kliniken den Grundstein für eine einheitliche Reifegraderhebung innerhalb des Verbandes gelegt. Pandemiebedingt hat sich die Datenerhebung das gesamte Jahr 2020 hindurchgezogen, doch die Ergebnisse liegen nun vollständig vor. Lange bevor von einem Krankenhauszukunftsfonds die Rede war, haben die AKG-Kliniken die herausragende Bedeutung der Digitalisierung für die Zukunft der Krankenhauslandschaft erkannt.
Bei ihrer internen Erhebung orientierten sie sich an internationalen Standardmodellen und erweiterten diese um eine Dimension zur Analyse der digitalen Vernetzung mit Patientinnen und Patienten, anderen Leistungserbringern und den eigenen Mitarbeitenden. Herausgekommen ist ein umfassender Überblick mit rund sechstausend Datensätzen über die verwendeten Systeme und den Vernetzungsgrad in 24 der größten deutschen Krankenhäuser. Das Ergebnis gibt den AKG-Kliniken detaillierte Hinweise auf den bestehenden Handlungsbedarf und ermöglicht einen nationalen wie auch internationalen Vergleich des digitalen Reifegrades.
Bei der Vernetzung mit anderen Leistungserbringern und mit ihren Patient*innen zeigen sich bei den AKG-Kliniken die größten Potentiale. Dazu gehören Patientenportale ebenso wie digitale Kommunikationsmöglichkeiten mit Zuweisern und Partnern. Damit verfügen die Mitglieder der AKG bereits vor Beginn der aktuellen Förderperiode aus dem Krankenhauszukunftsfonds über konkrete Handlungsempfehlungen und erfolgreiche Praxisbeispiele aus den eigenen Reihen.
Der Krankenhauszukunftsfonds wurde durch die Bundesregierung im Rahmen des Konjunkturpaketes im Sommer 2020 aufgesetzt und stellt den Deutschen Krankenhäusern einmalig Investitionsfördermittel in Höhe von insgesamt 4,3 Mrd. Euro für Digitalisierungsprojekte zur Verfügung. Leider hat es der Gesetzgeber dabei versäumt die Mittelvergabe an die tatsächliche Versorgungsrolle der Krankenhäuser zu koppeln. Auf diese Weise besteht die Gefahr, dass bedarfsnotwendige Krankenhäuser nicht ausreichende Fördermittel für eine zeitgemäße Modernisierung ihrer IT-Infrastruktur erhalten. Dabei können gerade durch die Vernetzung und Zusammenarbeit verschiedener Versorgungsstufen Synergieeffekte erzielt und wertvolle Ressourcen eingespart werden. Letztendlich entstehen auf diese Weise neue Geschäftsmodelle und neue Versorgungskonzepte mit regionalem Bezug.
Die Fördermittel aus dem Bundeshaushalt können dabei nicht überdecken, dass die Digitalisierung der Krankenhäuser aufgrund einer jahrzehntelangen Unterfinanzierung der Investitionsbedarfe durch die Länder im internationalen Vergleich weit zurückliegt. „Der Investitionsstau der Krankenhäuser im Bereich der Digitalisierung ist in den kommenden Jahren zügig aufzulösen. Nur so wird Deutschland eine leistungsfähige und zukunftsfähige Gesundheitsversorgung aufrecht halten können. Die Chancen dieser Entwicklung sind immens: Für die Patient*innen, die Beschäftigten, die Versicherten und den deutschen Wirtschaftsstandort. Investitionen in diesem Bereich brauchen jedoch eine dauerhafte Anpassung im Rechts- und Finanzierungsrahmen“, konstatiert deshalb der stellvertretende Vorstand der AKG-Kliniken, Dr. Eibo Krahmer. Vor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass immer mehr Akteure die dauerhafte Bereitstellung von Bundesmitteln für die Krankenhausinvestitionen fordern. Auf Basis der AKG-Daten ermittelt der Verband derzeit den Investitionsbedarf, um die kommunalen Maximalversorger auch hinsichtlich des Digitalisierungsstandes in eine Führungsposition zu bringen. Auch die AKG-Kliniken halten daher mehr als ein einmaliges Konjunkturpaket für notwendig: „Wenn der Bund zukünftig zusätzliche Investitionsmittel für die Kliniken bereitstellt, sollte er auf eine einheitliche Definition von Versorgungsrollen Wert legen, damit die begrenzten Mittel zielgerichtet adressiert werden können“, so Krahmer weiter. Viele Digitalisierungsprojekte schaffen heute die Voraussetzung für neue Versorgungsmodelle mit vielfältigen Perspektiven auf Seiten der Krankenhäuser. Für die AKG-Kliniken ist dabei klar, dass sie diese Chancen gemeinsam nutzen werden. „Derzeit entwickeln wir auf Basis der Erkenntnisse aus der Reifegraderhebung konkrete Strategien, um unseren Mitgliedern den Zugang zu diesen Zukunftsthemen zu erleichtern, blickt der AKG-Geschäftsführer Nils Dehne bereits in die Zukunft. Darüber hinaus bringen sich die AKG-Kliniken mit ihren gesammelten Erfahrungen bei der Entwicklung des neuen Erhebungsinstrumentes für alle deutschen Krankenhäuser als Mitglied im Beirat des Konsortiums „Digitale Zukunft Krankenhaus“ mit ein und hoffen auf den Zuschlag durch das BMG.