Stellungnahme zum Krankenhaustransparenzgesetz

Erstellt von:AKG Geschäftsstelle
Erstellt am:30.08.2023
Aktualisiert am:30.08.2023, 09:02

Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch Transparenz (Krankenhaustransparenzgesetz)

Die AKG-Kliniken erkennen in dem vorliegenden Gesetzentwurf einen ersten wertvollen Schritt zu einer sachlich differenzierten Auseinandersetzung über das Zielbild der stationären Versorgung in Deutschland. Dabei tragen bundesweit einheitlich definierte Versorgungsrollen zu einer sachgerechten Steuerung von Versorgungsbedarfen bei. Die medizinische Versorgung wird zunehmend interdisziplinärer und personalisierter. Versorgungslevel können einen nach Komplexitätsgrad differenzierten Versorgungsauftrag für die breite Öffentlichkeit veranschaulichen. Angesichts der begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen wird eine bedarfsgerechte Allokation von PatientInnen und Mitarbeitenden zum entscheidenden Instrument einer hochwertigen und flächendeckenden Krankenhausversorgung in Deutschland. Natürlich kann das vorgesehene Transparenzverzeichnis für Krankenhäuser nur einen ersten Schritt in dieser Entwicklung darstellen. Der grundlegend neue Ordnungsrahmen aus Versorgungsleveln und Leistungsgruppen muss dazu führen, dass alle neuen sowie sämtliche bestehende Strukturanforderungen und Instrumente der Qualitätssicherung in die neue Systematik integriert werden bzw. auf ihre weitere Eignung und Notwendigkeit kritisch überprüft werden. Nur so kann eine nachvollziehbare und verlässliche Qualitätstransparenz als Grundlage für bedarfsgerechte Auswahlentscheidungen der PatientInnen geschaffen werden, ohne dass dabei neue Dokumentationsbelastungen entstehen, die dem Versorgungsprozess weitere wertvolle Personalressourcen entziehen.

Vor diesem Hintergrund begrüßen die AKG-Kliniken den vorliegenden Gesetzentwurf und die konsequente Umsetzung der verabschiedeten Bund-Länder-Eckpunkte zur Krankenhausreform. Gleichzeitig weisen wir jedoch ausdrücklich darauf hin, dass für eine abschließende Bewertung der vorgesehenen Methodik eine vollständige Transparenz über die Definition und Anforderungen der bundeseinheitlichen Leistungsgruppen erforderlich ist. Mit dem neuen Rahmen aus Leistungsgruppen und Versorgungsleveln verbinden wir die Erwartung einer konsequenten Eingliederung aller neuen und bestehenden Strukturanforderungen und Qualitätssicherungsinstrumente in diesem System und damit eine nachhaltige Reduzierung der bürokratischen Aufwände zur Datenerhebung und -prüfung. Die Verknüpfung von Fallzahlen mit der quantitativen Personalausstattung vermittelt dabei ein nicht zeitgemäßes Qualitätsverständnis: Viel Personal führt nicht zwangsläufig zu guter Versorgung. Stattdessen gelingt hochwertige Versorgung heute insbesondere durch die Verknüpfung verschiedener Kompetenzen und Qualifikationen. Dies trägt auf diese Weise zugleich dazu bei, die knappen Personalressourcen bedarfsgerecht einzusetzen.

Im Einzelnen nehmen wir zu dem vorliegenden Entwurf wie folgt Stellung:

Versorgungslevel:

Die vorgesehenen Versorgungslevel bilden eine nach Komplexitätsgrad differenzierte Versorgungsrolle grundsätzlich sachgerecht ab. Dabei erscheint die Berücksichtigung einer separaten Leistungsgruppe für den Bereich der Notfallversorgung nicht praktikabel. Vielmehr ist die Rolle in der Notfallversorgung ein differenzierendes Merkmal in jeder Leistungsgruppe. Eine institutionelle Ausrichtung der Versorgungsprozesse eines Krankenhauses auf Notfallbehandlungen führt zu grundlegend anderen Anforderungen und Strukturen im Vergleich zu einer Fokussierung auf gut planbare und standardisierbare Behandlungen und PatientInnenkollektive. Diese Unterschiede haben erhebliche Auswirkungen auf die Struktur- und Vorhaltekosten der Krankenhäuser. Sofern und soweit diese Differenzierung auf Ebene der Leistungsgruppen (noch) nicht abgebildet werden kann, sollten hilfsweise die Notfallstufen nach §136 c SGB V in der Definition der Versorgungslevel Berücksichtigung finden. 

Qualitätskriterien:

Das Qualitätsverständnis aus dem vorliegenden Gesetzentwurf stellt zunächst die Breite des Leistungsspektrums in den Mittelpunkt. Nicht zu vernachlässigen ist jedoch auch die notwendige Tiefe der Versorgung innerhalb der Leistungsgruppen, um die gesamte fachliche Expertise darzustellen. Dieser Aspekt sollte im Zusammenhang mit der Darstellung der Fallmengen je Leistungsgruppe durch eine entsprechende Transparenz über die verschiedenen Fallschweren innerhalb der Leistungsgruppen ergänzt werden. Besonders geeignet erscheint dafür eine prozentuale Angabe von Leistungsmengen je Case-Mix-Korridor.

Kurzfristig ist zu befürchten, dass die Zusammenführung der etablierten Qualitätsindikatoren und Strukturanforderungen mit den algorithmisch zugewiesenen Leistungsgruppen zu nicht nachvollziehbaren und teilweise fragwürdigen Ergebnissen und Qualitätsaussagen führt. Hierdurch besteht eine realistische Gefahr, dass die Wirksamkeit und Akzeptanz des neuen Transparenzverzeichnisses in der breiten Öffentlichkeit von Beginn an gefährdet oder langfristig beschädigt wird. Daher sollte eine schrittweise Überprüfung und Angleichung sämtlicher bestehender Qualitätsindikatoren für den neuen Ordnungsrahmen aus Leistungsgruppen und Versorgungslevel unmittelbar gesetzlich verankert werden. Die Veröffentlichungen im Transparenzverzeichnis sollten jeweils erst dann erfolgen, wenn diese Überprüfung und entsprechende Anpassungen erfolgt sind. Dies gilt beispielsweise auch für bestehende Mindestmengen. Nur so kann verhindert werden, dass vorrübergehend unterschiedliche Kennzahlen und Veröffentlichungen im Umlauf sind. In diesem Rahmen ist auch eine Überprüfung der Bürokratiekosten zu verankern.

Im Zusammenhang mit der Streichung des §136a SGB V weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass die darin enthaltende Einbindung der vertragsärztlichen Leistungserbringer wichtige Informationen für die regionale PatientInnensteuerung mit sich bringt und nach unserem Verständnis keine adäquate Folgeregelung im Gesetzentwurf enthalten ist.

Personalkennzahlen:

Eine sachgerechte Zuordnung der Personaldaten auf die Leistungsgruppen erscheint auf Basis des vorliegenden Entwurfes nicht ohne weiteres möglich. Der unmittelbare kausale Zusammenhang aus Personalkapazitäten und Versorgungsqualität erschließt sich überdies nicht. Vielmehr ist durch eine sinnvolle Verknüpfung der Leistungsgruppen auf ein effizientes Zusammenwirken verschiedener Kompetenzen und Qualifikationen hinzuwirken. Die Anforderungen an eine ausreichende fachspezifische Personalausstattung als Grundlage für eine hochwertige PatientInnenversorgung ist sachgerecht über die Leistungsgruppen abzubilden und als Voraussetzung für die Leistungserbringung zu überprüfen. Tatsächlich ist perspektivisch davon auszugehen, dass die Krankenhäuser im Sinne einer effizienten Ressourcensteuerung eine entsprechende Zuordnungssystematik verankern werden. Im Sine der Qualitätstransparenz ist jedoch vornehmlich auf die „betreibbaren“ Kapazitäten und eine Aufnahmebereitschaft rund um die Uhr (24/7) in jeder Leistungsgruppe abzustellen. Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund einer algorithmischen Zuordnung der Leistungen eines Krankenhauses zu den Leistungsgruppen von großer Bedeutung. Auf dieser Basis ist es sehr wahrscheinlich, dass einzelne Krankenhausstandorte Leistungsgruppen zugewiesen bekommen, deren Strukturanforderungen sie perspektivisch nicht erfüllen und/oder deren Leistungsumfang marginal ist. Bis eine planerische Überprüfung der personellen Strukturanforderungen ordnungspolitisch verankert ist, sollte das Transparenzverzeichnis deshalb vornehmlich eine nachvollziehbare Übersicht des vorhandenen Qualifikationsmix im ärztlichen und pflegerischen Bereich abbilden, um so die tatsächlichen Kompetenzen zu vermitteln.

Die AKG-Kliniken unterstützen ausdrücklich den dringend notwendigen Strukturwandel in der deutschen Krankenhauslandschaft. Eine anreizgerechte Verknüpfung von Krankenhausplanung, -finanzierung und Qualitätssicherung wird zum entscheidenden Erfolgsrezept für das Gelingen dieser Reform. Aus unserer Sicht bleibt in dieser Logik eine verbindliche Verankerung der Versorgungslevel insbesondere als Differenzierungsparameter in der Vorhaltefinanzierung anzustreben. Aufgrund der föderalen Strukturen und der starken Rolle der gemeinsamen Selbstverwaltung ist hierfür ein mutiger Schulterschluss zwischen allen Akteuren erforderlich.